Beitrag von Christine Ziesecke – Offenbach Post
Die Lebenserwartung steigt; immer mehr Bürgerinnen und Bürger erreichen die Grenze des 90. Lebensjahres und mehr. Doch wohl wenige sind – geistig wie körperlich – so fit wie Roman Weißenberger, der am Montag im Bürgertreff eine kleine Geburtstagsfeier ausgerichtet bekam. Die Fahrradgruppe, die sich einst aus der Quartiersgruppe Waldacker gebildet hatte, feierte einen der Ihren und widmete ihrem Mitglied nicht nur eine ganze Kerzenprozession, sondern auch viele bewegende Worte. Bei der Siegerehrung des Stadtradelns 2024 hatte Bürgermeister Jörg Rotter erst symbolisch den Hut vor ihm gezogen: Roman Weißenberger war wieder mal der älteste Teilnehmer gewesen; mit seinen zu der Zeit knapp 95 Jahren legte der agile Senior in den drei Wochen beachtliche 586,5 Kilometer zurück. Und das nicht nur im Rahmen des Wettbewerbs, sondern regelmäßig jede Woche. „Erst hatte ich ein normales Rad, dann hab ich mir da einen Motor eingebaut, und dann hab ich mir vor sechs Jahren ein E-Bike gekauft hat und beschlossen: ‚10 Jahre muss es halten!‘“ Inzwischen hat er die 20 000 Kilometer damit geschafft, an fast jedem Freitag kommen gut 50 dazu. „Aber da muss ich mich vorher stärken – ich fahre ja nicht, um gesund zu bleiben, sondern ich bleibe gesund, weil ich viel radfahre!“ Sprichts und beißt herzhaft in sein Brötchen im SchillerHaus beim Frühstück mit Schiller.
Der topfitte Senior lebt seit 1962 hier, als er aus Frankfurt in die Schillerstraße zog. Der Maschinenbauingenieur hat sich immer in die Gesellschaft eingebracht, und diese Gesellschaft hat immer von ihm profitiert. „Es ist ein besonderes Geschenk für uns alle, dass wir jeden Freitag mit ihm radeln dürfen“, betont Organisator Gerhard Elsesser. „Wenn ich so fit bleibe wie er, will ich gerne auch 95 werden, weil es Spaß macht!“ Und er erinnert daran, dass man den rüstigen Senior oft sogar unterwegs noch erinnern muss, den Motor am Rad zuzuschalten – es fällt ihm kaum auf, dass er „ohne“ fährt. Und Mitorganisator Reinhold Harnoth ergänzt: „Es fing im September 2017 – das hab ich statistisch erfasst.“ – „Für mich war dieser Schritt Ganz wichtig. Früher bin ich mit meiner verstorbenen Frau viel gefahren. Aber jerzt hatte ich Bedenken, wollte immer mit, aber hab mich nicht so getraut, weil ich dachte: In Jügesheim bin ich ja schon müde! Meine erste Fahrt ging nach Obertshausen, und ich dachte mir: Bis nach Hause komme ich allemal. Ihr seid schuld, dass es mir so gut geht“, bedankt sich Roman Weißenberger. Und er gibt klar den Ansporn für viele Andere: „Die Sozialkontakte sind mir sehr wichtig; sie haben mir geholfen, dass ich so gesund und fit geblieben bin. Auch wenns schon manchmal eine Herausforderung war, durch den Matsch und so. Ich hoffe, noch lange mit euch mitfahren zu können.“ Und er zählte drei Gründe für seine gute Verfassung auf: gute Gene, vom Vater geerbt; den richtigen Beruf ausgesucht, der ihm zeitlebens Spaß gemacht hat; und die richtige Frau geheiratet, mit der er 65 Jahre lang bis 2020 zusammen sein durfte. Geraucht hat er nie, Alkohol gabs nur in Maßen. Dass er nebenbei auch noch viel Ehrenamtliches gemacht hat, kommt wohl bereichernd dazu, so etwa in der Seniorenarbeit und bei „Nachbarn schützen Nachbarn“. Seine zwei Kinder und drei Enkelkinder hofft er noch lange begleiten zu können, und auf die nächsten Radtouren freut er sich heute schon.








Bilder: C.Ziesecke, F.Vogelgesang, L.Charak, J.Ohnesorg